soforthilfe

Lasst uns gemeinsam sehen, wie wir gegen das Chaos der geänderten Voraussetzungen vorgehen können.

Das Land NRW hat sich offenbar eine neue Sauerei einfallen lassen, die unter bestimmten Voraussetzungen dazu führt, dass Kläger trotz des eindeutig rechtswidrigen Schlussbescheides, die dagegen erhobene Klage „formal“ doch noch verlieren können!

Was steckt dahinter?

Wir erinnern uns, dass das Land sich reichlich Zeit genommen hat, nachdem das OVG geurteilt hatte, dass wohl alle Schlussbescheide schon deshalb rechtswidrig sind, weil sie automatisiert erlassen wurden, sie aber auch materiell falsch und damit rechtswidrig sind.

Eigentlich hatten alle, incl. der Verwaltungsgerichte damit gerechnet, dass das Land die rechtswidrigen Bescheide sofort aufhebt. Immerhin ist das Land ja (eigentlich) an Recht und Gesetz gebunden. Das scheint dort aber schon lange keinen mehr zu interessieren.

Einige Verwaltungsgerichte haben dem Land „die Pistole auf die Brust gesetzt“, indem sie dann, offenbar um die Sache von ihrem Tisch zu bekommen, mündliche Verhandlungen terminiert haben und so das Land zu einem prozessualen Handeln zwingen.

Offenbar nutzt das Land NRW dies jetzt aber perfide zu seinen Gunsten aus, um die Kosten auf die Kläger abzuwälzen!

Statt unmittelbar nach Terminierung doch noch das „Vergleichsangebot“ zu unterbreiten und bei Ablehnung des Vergleichs den Schlussbescheid dann sofort aufzuheben, machen sie das erst ganz kurz (einen Tag !) vor dem eigentlichen Termin in Schriftform:

„In Sachen
# gegen Land Nordrhein-Westfalen
7 K ####/22

wird der streitgegenständliche Schlussbescheid hiermit aufgehoben.
Das beklagte Land schließt sich einer etwaigen Erledigungserklärung der Klägerseite bereits vorgreiflich an und erklärt für diesen Fall die Übernahme der Kosten des Verfahrens...“

Das führt dann zu einem prozessualen Problem, wenn der Termin nicht vorher aufgehoben wird.
Zum Termin erscheint seitens des Landes in diesem Fall niemand.

Der Schlussbescheid existiert dann aber bei der Verhandlung tatsächlich gar nicht mehr (er wurde ja aufgehoben) und das Gericht kann dann, wenn Kläger nicht bei der Verhandlung anwesend oder vertreten sind, nach Aktenlage entscheiden.

Wenn auf Klägerseite niemand da ist, das Gericht der Klägerseite die neue prozessuale Situation daher nicht erklären kann und die Klägerseite den ursprünglichen Antrag auf „Aufhebung des Schlussbescheides“ dann auch nicht selbst anpassen kann, kann das Gericht die Sache einfach vom Tisch bekommen, indem es über den ursprünglichen Antrag entscheidet obwohl sich die prozessuale Situation völlig geändert hat und die Klägerseite davon (noch) gar nichts wusste!
Da der beklagte Bescheid gar nicht mehr existiert, ist die ursprünglich zulässige und begründete Klage dann aber unzulässig!
Das bedeutet, das Gericht kann die Klage abweisen und die Kläger bleiben auf den Kosten sitzen.

Das ist offenbar das neue Kalkül des Landes und diese miese Taktik hat leider sogar schon mindestens einmal (fast?) geklappt.

Während das VG Köln selbstverständlich am Freitag, 07.07.2023 noch alle Termine für Montag, 10.07.2023 aufgehoben hat, nachdem in allen dortigen Verfahren die Schlussbescheide so kurz vor dem Termin vom Land doch noch aufgehoben wurden, hat das eine Einzelrichterin des VG Aachen bei gleichem Sachverhalt einfach alles laufen lassen und die Klage dann auf Kosten des Klägers abgewiesen, da die klagende Partei nicht da war. Das muss man nicht so machen, kann man aber. Leider.

Das Argument der Einzelrichterin des VG Aachen hierbei war dann:
Mit prozessualen Änderungen, insbesondere der Aufhebung eines beklagten Bescheides muss man immer rechnen und wenn die klagende Partei da gewesen wäre, hätte man das als Gericht ja auch alles erklärt und auf die prozessuale Möglichkeit der Erledigungserklärung hingewiesen.

Das darf man auch anders sehen und andere Gerichte machen das (besser) vor.
Es hilft aber nichts und führt ggf. zu weiterer, fristgebundenen Arbeit, die sich vermeiden ließe, wenn die Klageseite beim Gerichtstermin anwesend bzw. vertreten ist.

Wer einen Termin zur Verhandlung bekommen hat und dieser nicht ausdrücklich aufgehoben wurde, sollte auf jeden Fall zum Termin beim Verwaltungsgericht erscheinen!

Nähere Informationen zum Thema Gerichtsvorladungen haben wir im Mitgliederbereich zusammengestellt.

NACHTRAG 17.07.2023:

Bravo. Unsere Verwaltungsrechtsjustiz funktioniert. Und zwar hervorragend und gerecht.
Auch wenn –Dieter Hildebrand- meinte:
„Es hilft nichts, das Recht auf seiner Seite zu haben. Man muss auch mit der Justiz rechnen.“

Der leidige Einzelfall aus Aachen wurde behoben. IG-NRW Soforthilfe reagierte sofort. Wehret den Anfängen, und damit ist ausdrücklich das Wirtschaftsministerium gemeint und eben nicht unsere hochrespektable Verwaltungsgerichtsbarkeit. Heute konnten wir die Entscheidung des Gerichts zur Kenntnis nehmen, in dem das ursprüngliche Urteil für wirkungslos erklärt wurde und dem Land sämtliche Kosten des Verfahrens auferlegt wurden. Es bedurfte dazu lediglich eines freundlichen Antrages an das Gericht, den wir offenbar formvollendet zur Verfügung gestellt haben.

Insofern alles gut im Verwaltungsrechtsstaat Deutschland. Es ist nur fair und richtig, auch positive Entwicklungen sofort entsprechend darzustellen, die Angelegenheit ist komplex genug.

(Stand: 09.07.2023, Nachtrag 17.07.2023)

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